Tja, heute ist es wieder soweit. Koffer packen und den Heimweg antreten. Da mein Flug erst um Mitternacht geht, können wir den Tag noch mit irgendwas zubringen. Joan will mich zum Flughafen begleiten und über Nacht eventuell bei ihren Eltern in Shanghai bleiben.
Nur was fängt man an mit so einem halben Tag? Da wir das Apartment zum Mittag räumen müssen, packen wir den Rest zusammen und machen uns auf den Weg zum Apartment meiner Freundin, wo wir den Koffer zwischenlagern werden.
Im Anschluss gehen wir noch zu einer kleinen Mall, wo ich noch ein paar typische chinesische Snacks einkaufe. Auch sehen wir ein Regal mit deutschen Produkten. Die Preise haben es in sich!
Im gleichen Zug essen wir ein spätes Mittagessen. Als die Sonne tief steht (in Suzhou wie auch in Shanghai ist das ganze Jahr über gegen 18 Uhr Sonnenuntergang) machen wir uns langsam auf zum Bahnhof. Ich habe den ganzen Tag über schon so einen Knoten im Bauch und wenn ich Joan ansehe, weiß ich, dass es ihr genau so geht.
Ein letztes Mal gemeinsam aufstehen, ein letztes Mal zusammen essen, das letzte Mal zusammen im Zug sitzen. All dies lässt einen doch irgendwie melancholisch werden. In diesem Moment weiß ich noch nicht, dass es für den, der zurückbleibt irgendwie noch schwerer ist. Das wird mir erst nach unserem Sommerurlaub bewusst werden.
Auf der Zugfahrt nach Shanghai sitzen wir leider nicht nebeneinander und in Shanghai in der U-Bahn reden wir auch irgendwie nicht viel. Joan begleitet mich noch bis in den Flughafen, muss dann aber auch bei Zeiten kehrt machen und zurück zur U-Bahn, damit sie noch vor Mitternacht bei ihren Eltern ankommt.
Gegen 10 Uhr abends gehe ich noch in ein ansässiges Nudelrestaurant, ein letztes chinesisches Essen einnehmen, bevor es zurück in den Alltag geht.
Der Rückflug, bzw. einige der Mitreisenden, waren so denkwürdig, dass ich noch während des Fluges meine Gedanken hierzu niederschrieb.
Schon beim Einsteigen gibt es die erste Anekdote zu berichten. Kurz nachdem ich meinen Platz eingenommen hatte, kam eine deutsche Familie laut polternd den Gang entlang. „Ah, die machen so ein Spaßreise!“ trompetete die Mutter, während sie mit dem Finger auf meine chinesischen Sitznachbarn deutet. „Deswegen ist es hier so voll. Seht, die haben alle solche Abzeichen an“.
Mit dem Ausdruck „Spaßreise“ hebt sie natürlich ihre eigene Reise, vermutlich über einen atmosfair Ablass Brief CO2 neutralisiert, moralisch auf ein völlig anderes Niveau!
Die zweite Auffälligkeit ist das Paar auf dem Sitz links von mir. Die Frisur im Partnerlook mit Dutt, kurze Hosen, T-Shirt. Er trägt den obligatorischen Holzfäller Bart der Marke „seht mich an, ich bin ein echter Mann!“. In der Realität wird er wahrscheinlich nicht mal einen Nagel gerade in die Wand bekommen. Sie liegt gelangweilt mit dem Kopf auf seiner Schulter, während er ihr mit der Sicherheitskarte frische Luft zufächelt. Die Klimaanlage läuft überdies bereits. Noch vor dem Start macht er sich über das Bordentertainment System her. Leider ist unter den gut 100 Filmtiteln nichts für ihn dabei, was er auch lautstark kund tut: “Nur Scheiße!“. Als nächstes macht er die Fernbedienung am Sitzplatz seiner Freundin kaputt und ebenfalls seine Sitzlehnenverstellung. „Alles Schrott!“
Als es dann schließlich was zum Essen gibt, erst nein, dann doch, dann reagiert der Steward nicht ausreichend schnell „ein Scheißdreck“. So zieht es sich dann den ganzen Flug hin. Erstaunlich nur, dass er sich mindestens drei Filme reinzieht, obwohl ja nur Schrott dabei ist.
Ich denke an meinen ersten Langstreckenflug zurück, im Dezember 1993 mit meinen Eltern nach Thailand. Usbekistan Airways, mit Zwischenstop in Taschkent. Es gab gar keinen Film und das Radio war kaputt.