Joan steht sehr früh auf, um nach Shanghai aufzubrechen, ich schlafe in Ruhe aus und nach dem Packen schreibe ich ein wenig am Reisetagebuch und räume das Apartment noch ein wenig auf. Außerdem mache ich mir den ersten Kaffee seit gut zwei Wochen. Nachdem alles erledigt ist, karre ich unser Gepäck zu einem Café was von finnischen Auswanderern betrieben wird, um dort auf sie zu warten. Kaum habe ich mich auf den Weg gemacht, treffe noch den Nachbarsjungen, der mich wie alle Kinder hier mit weit aufgerissenen Augen anstarrt. Mittlerweile habe ich mich daran gewöhnt und finde es auch nicht schlimm. Ich sehe halt anders aus und gerade Kinder finden das spannend. Ich nicke ihm zu und Grüße ihn, er strahlt und grüßt zurück!
Kaum habe ich mich mit dem Gepäck auf den Weg gemacht, steht er wieder da und drückt mir zum Abschied ein paar Gummibärchen in die Hand – wirklich nett!
Im Café trinke ich meinen ersten „richtigen“ Kaffee seit drei Wochen und lasse dabei ein wenig die Eindrücke der letzten Wochen Revue passieren während ich auf Joans Rückkehr warte.
Die Angestellten des Cafés empfangen mich sehr liebevoll und lassen mich unser Gepäck unterstellen, denn es regnet nach wie vor wie aus Eimern. Wir essen dort westliche Küche zu Mittag (mein erstes westliches Essen seit drei Wochen) und machen uns auf den Weg nach Suzhou SIP.
In der Oldtown ist kein Platz für ein Taxi, sodass ich die Koffer die guten 1,5km über das Kopfsteinpflaster zerren muss, ich hoffe die Rollen haben das gut überstanden.
Unser neues und letztes Domizil für diese Reise ist im 26. Stock eines Apartmenthauses im Suzhou Industrial Park, der modernen und großen Seite der Stadt.
Interessanterweise sind die Chinesen ziemlich abergläubig, wenn es um Zahlen geht, sodass es keine Stockwerke mit einer 4 gibt. Nach dem 3. kommt der 5. Stock, nach dem 13. der 15., usw… Das hat damit zu tun, dass die Aussprache von 4 [sì] ähnlich klingt wie Tod. Es gab auch irgendeine Zahlenkombination, die sich so anhört wie, „ich wünsche dir einen baldigen Tod“ sodass dies auch absolut tabu ist.
Am Abend fahren wir zu Joans Apartment, wo ich auch eine ihrer zwei Mitbewohnerinnen kennen lerne. Sie schafft schon mal einen Großteil ihres Gepäcks dorthin und ich nehme noch einige Dinge mit, die sie für mich gekauft hat. Langsam macht sich die Gewissheit breit, dass unsere Reise sich nun mit schnellen Schritten dem Ende nähert. So gern würde ich einfach hierbleiben… Es wird mir mehr und mehr klar, wie wenig ich aus meinem normalen Leben vermisse, erschreckend. Meine Familie und Freunde und natürlich auch meine Katzen, Wasser mit Kohlensäure, Leitungswasser nach deutscher Norm, unzensiertes Internet und da endet die Liste dann auch irgendwie schon.
Genug Trübsal geblasen, schließlich wollen wir die letzten beiden Tage noch genießen!
Wir kehren nach einem kurzen Abendessen zurück in unser Apartment, wo wir nach einer kurzen Maschine Wäsche und einer heißen Dusche müde ins Bett fallen. Ich träume von der Arbeit, kein gutes Zeichen!